Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

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Appler
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Re: Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

#31 Beitrag von Appler » Mo 10. Aug 2020, 22:24

Ich bin zurück! Und was soll ich sagen, es war der Hammer! Ich sichte und lade gerade die Fotos hoch, und ich muss wieder grinsen. Also, los gehts.

Freitag morgens um kurz nach 9 nach nem Italienischen Frühstück mit gefülltem Croissant und Cappuccino ging es in Mainz los. Direkt die B9 Richtung Worms am Rhein entlang. Die B9 ist teilweise ne Kraftstrasse uns so lenkt mich Google Maps zeitweise durch die Dörfer. Die Sonne brennt, es riecht nach frisch gemähtem Heu. T-Shirt und kurze Hose reichen. Zusammen mit dem Duft meiner Sonnencreme lässt es mich schon wie in der Toskana fühlen.

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Ich grinse und singe lauthals Azzurro. Sechs oder sieben mal hintereinander. :D Es hört mich ja keiner. Es ist wenig Verkehr auf den Dörfern. Ich komme am Rhein vorbei und genieße die Aussichten. Ab und zu halte ich schnell an und mache mit dem Handy ein Foto.

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Die Rheinhessischen Weinberge bilden eine tolle Kulisse für meine Fahrt. Der Fahrtwind kühlt mich schön ab. Es ist erst kurz nach 10 Uhr und die Sonne brutzelt schon unermüdlich. Biker mit dicken Maschinen kommen mir entgegen und schauen mich in ihren schweren Lederklamotten fast schon neidisch an.

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Die B9 wird nun wieder eine normale Landstrasse und ich werde wieder darauf geleitet. Es fahren nun dutzende LKWs die Strecke entlang und ich werde am laufenden Band überholt. Ich erinnere mich, dass ich eigentlich parallel fahren wollte, nur durch die Dörfer, aber bei der Routeneingabe hab ich nicht daran gedacht. Das rächt sich nun. Es kommen einige unentspannte Kilometer bis Worms. Naja, konzentrieren, und durch. Ganz vorne sehe ich einen langsamem goßen Heutransporter. Ich hole ihn nur langsam ein. Er wird vielleicht nur 5 kmh langsamer als ich sein. Oh je, ob ich an ihm vorbeikommen werde? Nach paar Minuten bin ich direkt hinter ihm. Es scheint ein Traktor zu sein! Auweia. Die Strecke ist schnurgerade, ich sehe uns kommt keiner entgegen. Hinter mir ist nur ein LKW in einiger Entfernung. Ich wage es zu überholen. Ich schere auf die Gegenspur aus. Der LKW hinter mir kommt schnell näher. Ich fange an zu überholen. Auch das noch, der Traktor zieht zwei Heuwagen, das hatte ich gar nicht gesehen. Gefühlt in Zeitlupe überhole ich den Traktor. Die Sekunden kommen mir vor wie Minuten. Einen Heu-Anhänger habe ich schon hinter mir. Ganz weit vorne sehe ich schon einen LKW entgegenkommen! Ich düse weiter am Zug vorbei, den vorderen Heuwagen habe ich hinter mir, ich fahre neben dem Traktor. War für ein Riesen-Teil! Die Reifen größer als ich. Ich seh den Fahrer, er muss grinsen, ich lache laut los, als ich mit 5 kmh mehr an ihm vorbeiziehe. Schnell rüber auf die rechte Spur, rechtzeitig vor dem entgegenkommenden Sattelzug. Teilweise wegen der Filmmäßigen Überholszene, teil aus abfallender Anspannung lache ich weiter. Hinter mir hat sich eine lange Schlange gebildet aus dutzenden Autos und LKWs. Sorry! :D Aber wie sagte schon Goethe: Stau ist nur hinten Scheisse, vorne gehts! :lol:

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In Worms gehts über den Rhein, Richtung Heidelberg. Die Landstraßen sind nun vierspurig, ich kann entspannt rechts fahren. Bald bin ich in Heidelberg, und nach 2 Stunden und 30 Minuten mach ich meine Mittagspause. Mandys Diner, schon zu meiner Teenie-Zeit war ich nach jedem Konzert im Süden dort essen. Eine Stunde Pause tut gut, langsam merk ich den Hintern. Nach dem leckeren Essen geht es weiter in den Süden. Ab Ubstadt und weiter Bretten verlasse ich das Rheintal und es geht nach Südosten. Am ersten Tag möchte ich wenig Experimente und den Schwarzwald umfahren. Nach ungefähr etwas mehr als einer Stunde gibt es in Mühlacker die nächste kurze Pause von 15 Minuten. Einfach mal den Helm abziehen und absitzen. Dann gehts weiter. Die Landschaft zeigt sich hochsommerlich, links und rechts der Strecke werden die Felder abgeerntet. Es riecht toll.

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Und wieder eine schnelle Landstrasse. Naja, wird schon. Von hinten seh ich aber nen dicken leuchtend roten LKW schnell rankommen. Ich fahre auf der geraden Strecke Vollgas und der Kerl fährt bis auf einen Meter ran! Ich erschrecke richtig, was soll das? Irgendwann ist kein Gegenverkehr und er setzt zum Überholen an. Er schaltet runter und der Motor heult laut auf, als er neben mich zieht. Ein Kran-Laster! Einer dieser Vier-Achser die super schwere Sachen heben. Mit minimalen Abstand überholt er mich und drängelt mich fast in den Graben beim wieder Einscheren! :pistole: Ich fluche laut und gestikuliere, dass er Abstand hätte halten sollen. Ich bin bedient, und bin froh wenn ich nach einer weiteren guten Stunde in Herrenberg wieder kurz Pause mache.

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Weiter gehts. Die Aufteilung der Pausen ist extra so gewählt, dass ich morgens frisch bin und zwei bis drei Stunden am Stück fahren kann. Dann gibt es eine Stunde Pause zum Mittagessen. Danach fahre ich jeweils 60 bis 90 Minuten und mache dann kurze Pausen. Die Landschaft wird nun hügeliger, es geht rauf und runter. Ich sammle schön Höhenmeter. Aber es macht Spaß und ich komme gut voran, die Landschaften öffnen sich und man kann an jedem Hügel weit schauen. Und dann passiert es: Bei voller Fahrt spüre ich am linken Knie einen stechenden Schmerz! :shock: Ich glaube an eine hochgeschleuderte Glasscherbe und schaue ob ich am Knie blute, aber alles ok. Nur ein roter Punkt ist zu sehen. Eine Wespe oder Hornisse hat mich erwisch! Zum Glück habe ich den Lenker nicht verrissen, aber ich fahre nun einhändig, weil ich mir das schmerzende Knie reibe. Ich beschließe im nächsten Ort ne Apotheke aufzusuchen und was zum Draufschmieren zu besorgen. Da entdecke ich an der Lampe einen Blinden Passagier.

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Kurz was Kaltes zum Trinken geholt, und weiter gehts. Das Knie schmerzt noch ne gute Stunde, trotz Salbe. Langsam tut auch der Hintern weh und die Stirn merkt den Helm. Es ist aber nicht mehr weit bis nach Balingen, das erste Hotel nach 255 km ist schon lange gebucht. Weite Felder ziehen weiter an mir vorbei.

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Es ist geschafft. 19 Uhr. Punktlandung, wie geplant. 8-) Alles ok so weit. Knie pocht nur noch. Popo ist ein wenig wund und ich bin froh den Helm ausziehen zu können. In der linken Hand merke ich ein Ziehen. Ich hätte eher mit der Gashand gerechnet. Es ist wohl das viele Abbremsen. Und ich hätte doch das Halstuch tragen sollen, der Nacken schmerzt. Ich dachte, bei der Hitze wäre das nicht nötig gewesen. Tja, wieder was gelernt. Im Hotel schnell duschen und umziehen. 255 km sieht man dem T-Shirt an, Schultern und Hals sind voll mit Fliegen und sichtbar dreckig. Wow, ich hatte vor das nochmal in Italien anzuziehen. Nun muss ich es irgendwo waschen. 8-) Die Brust ist sauber, ich habe ja nen Flyscreen. Aha, deswegen heisst er Flyscreen, wegen den Fliegen. :) Ich bin sichtbar braun geworden, Gott sei Dank war ich gut eingecremt. Aber mein Nolan N21 mit kurzem Visier ist für lange Strecken nicht gedacht, nächstes Jahr wird der N21 Visor mit langem Visier gekauft.

Ich schaue mir Balingen Altstadt an. Nicht weit sind ein paar Bergspitzen zu sehen. Nur paar Kilometer aus der Stadt raus gehts schon über den ersten Pass der Schwäbischen Alb, den Katzenstieg mit 900 Metern. Eigentlich wollte ich ja über den kurvigeren Lohen-Pass, aber der ist für Zweiräder am Wochenende gesperrt.

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Tag eins ist geschafft. Hier noch das Höhenprofil:

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Zuletzt geändert von Appler am Di 11. Aug 2020, 09:08, insgesamt 2-mal geändert.

philipphansberg
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Re: Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

#32 Beitrag von philipphansberg » Di 11. Aug 2020, 00:16

Sehr interessanter Beitrag. Die Perspektive eines 50ccm-Tourers. :klatschen:

Bin gespannt, wie es weitergeht.

Gruß, Philipp :vespa:

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Re: Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

#33 Beitrag von flyboy » Di 11. Aug 2020, 07:29

Sensationell, ich bin gespannt, wie weiter geht, ich springe mal mit auf.....

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Re: Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

#34 Beitrag von Appler » Di 11. Aug 2020, 10:29

Am zweiten Tag ging es wieder kurz nach 9 Uhr los. Handy an, Google App geöffnet, Route eingegeben, los. Hoffe bis nach Konstanz durchfahren zu können, wären wieder so zwischen zwei und drei Stunden. Kurz Öl checken, Bremslicht, Blinker, alles funktioniert. Vespa ist noch vollgetankt, hatte kurz vor der Ankunft ne offene Tankstelle gefunden. Auf den Landstrassen und durch die Dörfer muss man mit den Tankstellen echt Glück haben, die letzte war zu. Zum Glück, oder besser gesagt, zur Beruhigung habe ich nen 1,5l Fuelfriend dabei. Trotzdem macht das Reservebenzin-Licht einen nervös.

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Noch nicht mal aus Balingen raus werde ich von Google dann aber direkt auf ne Kraftstrasse gelenkt! Oha, gleich die Ausfahrt nehmen, bevor ich da reinfahre. Seltsam, sonst vermeidet Google zuverlässig Kraftstrassen wenn ich das so anklicke. Im Gegensatz zu anderen Apps. Naja, nix passiert, aber mein Vertrauen ist erstmal dahin. Die Berge werden schon höher als das was ich im Rhein-Main Gebiet so kenne. Die Aussicht auf die Spitzen ist schon beeindruckend. Da soll ich hoch? Ich bin gespannt. Es ist Samstag Morgen und es gibt kaum Verkehr. Eine Vollsperrung, die im Navi nicht drin war kostet mich 20 Minuten Umweg. Aber ich komme gut voran. Ich verlasse das letzte Dorf und die Straße wird merklich steiler, es sind 10% Steigung, und ich krieche mit 35 kmh dem Gipfel entgegen. Es öffnet sich eine tolle Sicht auf ein tiefes Tal und die Berge gegenüber, es ist einfach grandios. Leider kann ich nirgendwo halten um ein Foto zu machen, die Strecke ist kurvig und schlecht einsehbar. Es wird nun steiler, denn ich merke meine Geschwindigkeit fällt unter 25 kmh! Es müssen 15% Steigung sein. Aber vorne ist schon der Katzenstieg-Pass. Unscheinbar und nach nur 6 oder 7 Minuten bin ich von 500 auf fast 900 Höhenmetern hochgekommen. Es ging viel zu schnell. :lol: Oben ist es eine tolle Hochebene, und es beginnt ein langsamer Abstieg durch ein Tal, wie aus der Butter-Werbung. Saftige grüne Wiesen, sanfte Hügel, braue Kühe, traumhaft.

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Es ist eine tolle Strecke, kein Verkehr, kein Stress, es geht das Bära-Tal hinunter. Ich habe Gelegenheit oft stehen zu bleiben und Fotos machen zu können. Das Wetter ist wieder super, die Sonne scheint, ein blauer Himmel mit einzelnen Wolken, und es ist noch nicht so heiss. Es ist warm genug gewesen, dass ich wieder nur mit T-Shirt und kurzer Hose losgefahren bin. Streckenweise geht es steil und gerade runter, so dass ich laut GPS sogar auf 55 kmh komme! :D

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Nach grob 40 km und dank des Umweges deutlich über ner Stunde fahrt überquere ich bei Friedingen die Donau. Ich sehe sie zuerst auf dem Navi als eine schlanke blaue Linie. Die Brücke ist keine 10 Meter breit und ich staune wie klein und unscheinbar der große Bach ist. Das soll die Donau sein? Wie goldig. :) Ich halte kurz für ein Foto, und werfe eine Taubenfeder ins Wasser: "Grüß mir Wien, Budapest und Belgrad, kleine Feder!". Weiter gehts.

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Nach der Überquerung geht es wieder hoch hinauf aus dem "Donautal". :) Ich mache gut Kilometer Richtung Bodensee. Die Landschaft ist schön, die Straßen sind nicht zu voll und es macht Spaß. Es ist kurz nach 12 Uhr, und der Magen meldet sich so langsam. Auch der Popo ist langsam wider wund, ich versuche immer abwechselnd andere Stellen zu belasten und rutsche hin und her auf der Sitzbank. Hinter den Bergen da hinten muss der Bodensee sein, denk ich mir. Wird langsam Zeit.

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Gegen 12.30 h erreiche ich das Restaurant kurz vor Konstanz, in dem ich schon paar mal war, und was ziemlich gut auf dem Weg liegt für eine ausgiebige Mittagspause. Der Helm drück schon wieder an der Stirn nach so einer langen Fahrt ohne Pause, und es tut gut sich mal auszustrecken und paar Schritte zu laufen. Gestern in Balingen bin ich auch einmal kreuz und quer durch die Altstadt und habe noch die 10.000 Schritte für den Tag voll gemacht. Nun genieße ich den leckeren Salat mit dem Blick auf den Bodensee.

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Höhenprofil sagt, ich bin nach drei Stunden Fahrt wider unter der Höhe von Balingen, na toll! :lol: Eigentlich wollte ich das Höhenprofil für den ganzen Tag haben, aber mit den Handschuhen komme ich bei der App Strava anstatt auf Pausieren auf Beenden. Na egal. Erstmal Pause.

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Re: Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

#35 Beitrag von Appler » Di 11. Aug 2020, 11:41

Nach der Mittagspause geht es weiter runter nach Konstanz in die Innenstadt. Es ist viel los, viel Verkehr in der Stadt und eigentlich will ich über eine der vielen Grenzgassen ohne Kontrolle, aber während ich nach links abbiegen will überholt mich ein anderer Vespa-Fahrer und warnt mich: "Achtung, hinten sind die Bullen, fahr weiter". Na gut, dann stell ich mich in den Stau. Kurz vor der Grenze fängt es an zu nieseln. Ich parke auf dem Parkplatz vor der Kontrolle und ziehe mir ne Jacke an. Es ist aber viel zu warm und schwül für ne Jacke, und noch während ich mich anziehe hört der Regen auf. Der Himmel ist immer noch größtenteils blau, und ich beschließe doch nur im T-Shirt weiter zu fahren. Ich klebe das magnetische D-Kennzeichen auf die Backe, mehr als Zierde und als Gesprächsstoff bei Halten, als weil es Pflicht wäre, und fahre weiter.

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Schweiz, ich komme! Der Stau löst sich langsam auf und an der Grenze komme ich problemlos durch. Gleich hinter Konstanz beginnen schon Felder, und es geht sanft rauf. Schöne Landschaft, denk ich mir. Es ist entspannt, immer noch kaum Verkehr, bis auf den Trubel in der Konstanzer Innenstadt. Es fährt sich schön. Kaum Überholer, und wenn halten die schön Abstand. So geht das. Die Strasse führt über das Land und von Dorf zu Dorf. In den Dörfern ist Tempo 60 auf der Hauptstrasse aber ich komme mit meiner 50er gut voran.

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Nach ungefähr einer Stunde erreiche ich Winterthur. Kurze Pause, absteigen, Helm ab, was Kaltes zu Trinken kaufen, ein Eis auf dem Rückweg, und weiter geht. Der Himmel wird langsam aber bewölkt. Ich schaue ab und zu auf das Regenradar, und meine Hoffnung doch noch trocken bis zum Ziel heute Abend zu kommen schwindet. Bei Pfäffikon gehts dann los, ein plötzlicher Wolkenbruch erwischt mich. Zum Glück nur 200 Meter von ner Tankstelle entfernt. Ich stelle mich unter, und ziehe mir doch die Jacke an. Laut Regenradar ist der schlimmste Teil in 15 Minuten vorbei, und so komme ich mit zwei Paaren aus Genf ins Gespräch, die wissen wollen was das für ein Kennzeichen ist. "Ich fahre ne 50er", lasse ich sie wissen. "Oha, und du kommst aus Deutschland bis hierher?" Die Vier Motorradfahrer staunen. 8-)

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Im leichten Nieseln fahre ich weiter. Es ist warm und Jacke und kurze Hose reichen. Mitten in Pfäffikon ist die Hauptstrasse gesperrt, komplett aufgerissen. Wieder hat es Google Maps nicht gewusst. Ich umfahre die Stelle und habe eine tolle Sicht auf den leuchtend türkisfarbenen Pfäffikersee. Bald hört der Regen auf und die Sonne kommt wider raus. Die letzten Hügel werden erklommen, bevor es runter nach Rapperswil am Zürichsee geht. Eine grandiose Landschaft öffnet sich vor mir, und am Horizont erkenne ich die hohen Berge, die ich morgen bezwingen werde. Wow, ich bekomme ordentlich Respekt beim Anblick der Schneebedeckten Gipfel. :shock:

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In Rapperswil wird erst einmal Pause gemacht. Eine Stunde Fahrt und dann ne Pause hat sich als praktikabel erwiesen. So machen die vielen Kilometer trotzdem Spaß. Gleich wieder Jacke ausziehen, es ist sehr warm, die Sonne brennt wieder. Meine Vespa findet schnell Freunde, während ich mir nen kleinen Snack und kalte Getränke besorge. :D Ich merke, dass ich in der Schweiz noch kein einziges kleines Kennzeichen gesehen habe. Gibt es überhaupt nen Unterschied zwischen 50er und 125er in der Schweiz?

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Frisch und gestärkt geht es über den Seedamm rüber auf die andere See-Seite. Nun geht es steil hoch, und ich werde dauernd überholt. Es ist vorbei mit den Dorf-Landstrassen, das hier ist ne Haupt-Verkehrs-Strasse. Es ist nicht mehr so entspannt, ich muss mich sehr konzentrieren.

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Dafür ist die Landschaft phänomenal. Grüne Almwiesen, viele Kühe, tolle Berghütten, hohe Bergspitzen, ich genieße die Fahrt. Ich schauen nach hinten runter zum Zürichsee, ein toller Anblick.

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Oben angekommen fahre ich durch eine Hochebene. Es ist flach und mache gut Tempo für ne Weile. Wunderschöne Landschaft. Vor mir seh ich nun die hohen Berge im Süden. Da muss ich morgen durch. Heute will ich es aber noch mindestens bis Schwyz schaffen, hoffentlich noch weiter.

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Irgendwann ist der Berg geschafft und es geht wieder runter. Und wieder öffnet sich ein grandioser Blick, so weit man schauen kann hohe Berge und vor einem unten der Ägerisee. Ich schreibe dauernd das Word "grandios", aber auch wenn ich mich wiederhole, das ging mir immer durch den Kopf. Bilder können garnicht richtig zeigen, wie toll es da oben war. So weit zu blicken, einfach traumhaft.

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Nach wieder einer Stunde, wie passend, komme ich in Schwyz an. Es ist 19 Uhr und ich bin noch fit. Aber ich mach mal Pause und schaue wo ich übernachten kann. Die erste Nacht konnte ich ziemlich gut treffen, 250 km waren in Deutschland gut zu schaffen an einem Tag. Den zweiten Tag konnte ich garnicht einschätzen, so dass ich nicht wusste wie weit ich komme. Daher hatte ich noch kein Hotel. Ich parke die Vespa im Schatten, denn es ist um 19h noch brütend heiss. Ich setzt mich in die Sonne und suche nach nem Hotel.

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Ich mache also die HRS App auf und schaue was es so in der Nähe gibt. Aber was ist da los? Alles voll? Kein Hotel in der Nähe? Ich komme ins Schwitzen. :o Ich probiere Swoodoo aus. Ähnliches Ergebnis. Oje. Ich google kurz ob was besondere ist heute. Es ist Nationalfeiertag! Och ne, sind alle Schweizer gerade unterwegs und alle Hotels voll?? Ich probiere noch die Google Hotelsuche aus. Aha, da gibt es noch einige Hotels in Brunnen am Vierwaldstätter See. 20 Minuten Fahrt. Also auf, und jedes Hotel einzeln abklopfen.

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In Brunnen angekommen ist alles abgesperrt. Auf der Hauptstrasse tummeln sich hunderte Leute, es ist ein großes Fest. Schweizer Fahnen überall, Gebäude in Rot und weiss angestrahlt, tolle Stimmung. Ich parke am Rand und laufe in das erste Hotel was Google nannte. Ich frage nach, und zum Glück ist ein Zimmerchen frei.

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Ich genieße noch die Stimmung und das Feuerwerk. Es sieht toll aus, und da man weit blicken kann, sieht man auch in den Orten drum herum am See deren Feuerwerke hochgehen. Toll.

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Höhenprofil sagt, ich bin wider auf der selben Höhe wie Balingen und auch wie am Bodensee. Die vielen Höhenmeter, und ich bin dem Gotthard kein bisschen näher gekommen! :lol: Aber es hat Spass gemacht, und vom Wetter her auch Glück gehabt. 230 km geschafft, fast 7 Stunden gefahren, das reicht für heute. Morgen soll es regnen, da bin ich mal gespannt.
Zuletzt geändert von Appler am Di 11. Aug 2020, 14:27, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

#36 Beitrag von Vespatour65 » Di 11. Aug 2020, 12:48

Super...Reisebericht....toll...ich lese gerne weiter.....

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Re: Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

#37 Beitrag von Vespafan Olaf » Di 11. Aug 2020, 13:04

Hallo Appler,
toll geschriebener Bericht mit sehr schönen Foto´s.
Ich freue mich auf´s weiterlesen !
Viva la vida 😎🛵

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Re: Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

#38 Beitrag von Appler » Di 11. Aug 2020, 14:16

Am nächsten Morgen wache ich auf, und es regnet. Na toll. Es ist Tag drei der Reise nach Italien. Zum Glück sagt das Wetterradar, dass der Regen gegen 9 aufhören soll, und der Tag wird dann immer besser. Erst in Italien soll es abends gegen 18 Uhr wieder gewittern. Ich beschließe daher erst mal gemütlich und ausgiebig zu frühstücken, denn ich möchte mich heute wegen dem Wetter beeilen, und ausserdem schätze ich gegen 12 Uhr am Gotthard zu sein. Da möchte ich nicht unbedingt Mittag essen, und so beschließe ich heute nur kurze Pausen zu machen. Gegen 9.30 Uhr fahre ich los, und es ist in der Tat kein Regen mehr. Es geht gleich von Brunnen auf die Axenstrasse, gefühlt eine Kraftstrasse am steilen Seeufer entlang, und es ist steil, kalt, nasse Fahrbann und viel Verkehr. Es ist die einzige Verbindung vom kompletten Osten des Vierwaldstätter See zum Süden. Das erste Stück macht schon mal keinen Spass. Toll. Dafür hat man nen schönen Blick runter zum See.

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In Flüelen komme ich wieder auf normale Landstrassen und ich verlasse den See. Jetzt gehts ins Reuss-Tal zum Gotthard hoch. Der Fluss ist noch wild und hat ne schöne Farbe. Die Strecke ist nicht sehr steil und ich komme gut voran. Ich fahre gemütlich durch die Dörfer, an Bäckereien die gerade erst öffnen, und an vielen Tankstellen. Kein Vergleich zu den Dörfern in Deutschland. Hier in der Schweiz ist der FuelFriend Kanister wirklich entbehrlich.

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In den Dörfern im Tal ist noch nicht viel los. Es ist ja Sonntags früh und die Leute hatten gestern bestimmt gut gefeiert. Links und rechts öffnen sich tief eingeschnittene Seitentäler. Die Fahrbahn wird immer trockener.

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Ab Silenen verlasse ich die Zivilisation, habe ich das Gefühl. :D Bis hierher waren es normale Dörfer, normale Strassen, normale Landschaft. Ab hier wird die Strasse merklich anders. Die Leitplanken sind anders. An manchen Stellen sind es nur Steinpfosten. Man merkt, ab hier wird die Strasse nicht mehr so oft benutzt. Nebenan ist ja direkt die Autobahn. Es wird leicht steiler, aber ich fahre immer noch schnell genug, um die 40 bis 45 kmh. Die Hänge an den Strassen fallen nun schön tief ab. Mit meiner Höhenangst verträgt sich das nicht so gut. :lol:

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Ich bin froh dass der Regen vorbei ist. An manchen Bergen hängen noch die Wolken von der letzten Regen-Nacht. Es ist frisch aber nicht zu kalt. Geschätzte 20 Grad. Es macht Spaß so zu fahren. Obwohl es das erste Mal ist seit zwei Tagen dass ich ne Jacke und ne lange Hose anhabe. Obwohl, ne lange Hose hatte ich das letzte Mal im April an! :lol:

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Die Strecke wird aber merklich steiler. Größtenteils fahre ich nun mit 35 kmh hoch. Aber es ist ok, es gibt wenig Verkehr. Ich kann die Landschaft genießen. Ich habe es mir schlimmer vorgestellt. Wenn es so bleibt wird das ja ein Kinderspiel. Obwohl es mir schon ein mulmiges Gefühl gibt, noch über ne Stunde in dem Tempo da hoch zu kriechen. Ich kann es mir noch gar nicht vorstellen, bald soll ich schon da oben sein?

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Ich habe mich zu früh gefreut. Ab Wassen nimmt der Verehr auf einen Schlag zu. Ich sehe wie in einer lagen Schlang die Autos von der Autobahn runter fahren und alle anscheinend den Gotthard über den Pass überqueren wollen. Wohnwagen, Motorräder, Cabrios, aber auch normale Autos. So viel Verkehr und ich mitten drin! So macht es wieder keinen Spass. Die Strasse ist merklich breit und modern, für schnellen Verkehr gemacht. Ich halte alle auf, und auf jeder möglichen Gerade werde ich überholt. Für mein Gewissen zur Beruhigung bin ich nicht der einzige langsame Fahrer hier. Immer wieder fahren Gruppen von Rennrädern die Strasse hoch. Immer wieder freie Strecke, gefolgt von 20 bis 30 Wagen im Stau. :D

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Ich erreiche die Teufelsbrücke. Der kleine Parkplatz mit grob 20 Plätzen ist brechend voll. Ich kann mich trotzdem kurz in ne Ecke hinstellen und Pause machen. Kurz den Helm abziehen und absteigen, nen Schluck aus meiner Flasche nehmen. Viele Leute steigen aus und laufen die 200 Meter zur Aussicht auf die alte Brücke und das Tal, aber ich will schnell weiter.

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Je höher ich komme, desto kälter wird es. Ich habe bisher unter der Jacke nur ein T-Shirt, aber dafür wird es mir nun zu kalt. Ich ziehe mir nen Kapuzen Pullover drunter an und weiter gehts. Die Landschaft ist toll. Die Vespa merkt aber die dünne Höhenluft. Jedes Mal wenn ich für ein Foto anhalte geht der Motor einfach aus. Ich mache mir schon ein wenig Sorgen, was wenn die nicht mehr anspringt? Das Tal hat eine richtige U-Form, man kann sich richtig vorstellen wie sich der Gletscher hier durchgewälzt hat früher.

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Auf der Strecke sind nun echt viele Radfahrer. Die haben ein gutes Tempo drauf, sogar bergauf. Ich habe Mühe die zu überholen, aber die fahren nicht mehr als 20 kmh, ich schaffe 25 bis 30! :lol: Kein Problem. Die Landschaft wird immer karger. Es werden immer weniger Bäume. Bei Hospental ist die Steigung kurz geringer. Nur noch 10%. 8-) Es ist so etwas wie eine Hochebene, und es ist ganz schön was los hier. Es stehen Bagger herum, und riesige Windturbinen werden aufgebaut. Laut Navi bin ich aber bald am Ziel. Es wird immer kälter, es sind nun nur noch 16 Grad. Ich freiere nun sehr, und überlege ob ich mir die Funktions-Wäsche anziehen soll. Viel kälter darf es da oben also nicht mehr werden.

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Und dann ist es auch schon plötzlich so weit, ich bin am Gotthard Pass! :shock: Es ging viel zu schnell, es ist nich nicht mal 12 Uhr. Ich steige ab und mache vom Strassen-Schild und der Vespa paar Fotos. Es scheint sich aber sonst keiner so wie ich darf zu freuen. :D Ich mache eine kleine Pause und esse meine Bifi Roll und nen Müsli-Riegel. Ich bin erstaunt wie schnell das ging. Ich sitze da an den Felsen am Rand und Wohnwagen und Motorräder ziehen achtlos an mir und dem Schild vorbei. Ich genieße die Berge und bin froh es geschafft zu haben. Ich kann es noch gar nicht fassen. 2106 Höhenmeter, ist doch nix für meine 50er Vespa! War doch gar nicht so schwer. Ich laufe paar Schritte, es ist ne grandiose Landschaft. So karg und so kalt, aber doch vom Menschen bezwungen. Aber es klart langsam auf, und mann kann schon blauen Himmel erkennen.

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Hinten erkenne ich die Gebäude vom Gotthard Hospiz Hotel und Restaurant. Ich sehe, da ist ein Parkplatz, der ziemlich voll aussieht. Daneben ist ein schönes altes Fort. Ich bin aber zu faul die Kamera aus der Tasche zu holen, und für das Handy ist das zu weit zum Fotografieren. Ich genieße noch kurz die Pause und lasse die Landschaft auf mich einwirken. Gleich geht es die Tremola Passstrasse runter, ein weiteres Ziel und das Highlight der Reise.

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Re: Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

#39 Beitrag von philipphansberg » Di 11. Aug 2020, 15:11

Schöne Bilder. :klatschen:

Die Route bin ich selbst vor 6 Wochen gefahren. Allerdings mit meiner 300er GTS. Da war fast kein Mensch unterwegs. Dafür gab es leider auf der Passhöhe keinen Ausblick, da totaler Nebel herrschte.

Das Problem mit dem Ausgehen ab einer bestimmte Höhe hatte ich auch mal auf dem Großglockner. Nach einem Software-Update in der nächsten Werkstatt war das Thema erledigt.

Gruß, Philipp :vespa:

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Re: Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

#40 Beitrag von Appler » Di 11. Aug 2020, 15:24

Danke. :) Ja es ist schon erstaunlich wie viel Kraft so ein kleines Machinchen hat. Der Hubraum ist ja gerade mal nen halben Schluck größer als ein 40 ccl Schnapsglas! Und den Auspuff kann man mit ner Olive zustopfen. :lol:

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Re: Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

#41 Beitrag von Appler » Di 11. Aug 2020, 17:31

So, weiter gehts nach der kurzen Pause am Gotthard. Auf die Tremola freue ich mich besonders. Bei den Reisevorbereitungen hab ich mich auf diese Strecke gut vorbereitet, da die im unteren Teil sich mit der Schnellstrasse zu kreuzen scheint, aber vor Ort war es nicht wirklich kompliziert. Gleich hinter dem Hotel und Restaurant Hospiz geht es los. Eine alte gepflasterte Strasse, die sich in engen Serpentinen den Berg steil runter schlängelt.

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Die engen Kurven erlauben nicht gerade eine hohe Geschwindigkeit. Für paar Meter kann man Gas geben, aber dann muss man schon wieder scharf bremsen. Aber nach einigen Kurven hab ich das Gas geben aufgegeben, ich hatte es ja nicht eilig runter zu kommen. Die Strasse war schön frei, es fuhr kaum jemand hier runter. Ab und zu ein einsames Auto oder eine Gruppe Radfahrer. Ab und zu ein Motorrad. Alle anderen nahmen die ausgewiesene Schnellstrasse, die man hinten sieht, die langweilig schnurgerade in den Fels gehauen wurde. Wie schön für mich, die wussten garnicht was sie verpassten.

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An manchen Stellen ging es schön steil die Seiten runter. Jetzt bloss nicht runterschauen, es ist ganz schön hoch... :lol: Aber der Anblick war in jeder Kurve immer wieder toll. Was für schöne Landschaften. Die Wolken wurden immer weniger. Es ist immer so gewesen bisher, wann immer ich durch den Gotthard-Tunnel gefahren bin, am Südende war immer besseres Wetter! 8-)

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Je tiefer ich kam, desto weiter konnte man schauen. Hinter jedem Hügel war eine noch schönere und weitere Szenerie. Und auf einmal kam mir ein älterer Herr auf einem Mofa entgegen! Ich musste ihn voll angrinsen, und wir grüßten uns beim Vorbeifahren. Ich atmete auf: Der Luftdruck in meinen Reifen fällt nicht mehr, es lag also doch an der Höhe. Die Michelin-Sensoren meldeten nämlich schon seit Flüelen immer niedriger werdenden Reifendruck, aber das scheint sich wieder zu geben.

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Der Strassenbelag war eine schöne alte Pflasterung. Die Steine waren nicht so glatt wie das was bei uns in der Innenstadt liegt, wäre also wohl auch bei Nässe nicht so ein grosses Problem gewesen. Es scheint Asphalt vor ewiger Zeit mal darauf gewesen zu sein. Ich kann mir richtig vorstellen, wie in den 50ern die Kolonnen von Deutschen Käfern und Borgwards diese Strasse in den Süden benutzt haben müssen. Als die Deutschen ihre Liebe zur Dolce Vita entdeckten und Peter Alexander von Italien sang. :)

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Am Rande grasten Kühe. Wow, wie die wohl hierher kommen, und wie die versorgt werden? Immer wieder fuhren vereinzelt oder in Gruppen Fahrradfahrer die Tremola entlang. Ich genoss die Aussucht und den schönen langsamen Abstieg. Was für ein Traum. Es wurde auch mittlerweile ganz schön warm. Ich zog die Jacke aus und fuhr nur mit Pulli und langer Jeans. Und wieder kamen mir Mofas entgegen, diesmal eine Gruppe von drei jungen Männern. Ob man die hier leihen kann? Oder machten die sich nen schönen Ausflug zusammen? Ob die von weit her kamen?

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Die Strasse war schön steil. Es war garnicht so einfach abzusteigen und die Vespa sicher abzustellen. Selbst ohne Absteigen, nur Absitzen war schwierig. Mit einer Hand die schwere Vespa halten, mit der anderen einhändig das Handy von der Spiegelhalterung lösen, Foto machen, Handy wieder dran mache... Ab und zu gab es flache Stellen, da konnte ich runter und paar Fotos schiessen.

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Die Landschaft war hier auf der Südseite gleich viel freundlicher und wärmer. Saftige Weiden erstreckten sich auf den Hängen, und die Sonne brutzelte schon ordentlich. Je tiefer ich runter kam desto wärmer wurde es. Bald wurde aus der gepflasterten Tremola eine asphaltierte Strasse. Noch immer wanden sich die kurven eng an den Hängen, und noch immer war die Schnellstrasse über und unter mir. Doch bald war der Abstieg vorbei. Die Abschnitte zwischen den Spitzkehren wurden immer länger und ich kam dem Tal immer näher. Und dann war es auch schon vorbei. Es war nun 12.30 h. Nur 30 Minuten hab ich vom Gotthardpass runter bis Airolo gebraucht. Schade. Ich fuhr noch kurz bis Quinto runter und parkte hinter der großen Agip Raststätte. Drinnen gab es Klos und was leckeres zu essen, und nach ner kurzen Pause ging es das Ticino Tal weiter runter.

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Die Autobahnbrücke sieht von hier unten so beeindruckend aus. Das war mir mit dem Auto nie so aufgefallen. Einfach tolle Ansichten. Es war ne schöne leere Strasse hier, wenig Verkehr, und immer sanft bergab. Die Sonne brennt immer heisser. Es sind schon 28 Grad. Ich glühe in den Jeans.

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Nach 90 Minuten war ich auch schon in Bellinzona. Kurz Absteigen, kurz Pause machen, ein Sandwich essen, was Kaltes trinken, kurz paar Schritte laufen. Ne schöne Burg haben die hier. :) Ich halte es aber in den langen Jeans nicht mehr aus. Ich suche mir ne ruhige versteckte Ecke und zieh schnell die Jeans aus und die Shorts an. :lol: Geht doch, so lässt es sich hier fahren. So, auf gehts. Bis nach Italien ist es nicht mehr weit. Obwohl, ich bin ja ab dem Gotthard im Tessin, also gefühlt eigentlich schon in Italien. :) Alle Schilder auf Italienisch, alle Ortsnamen Italienisch, einfach toll.

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Aufsitzen, nur noch wenige Kilometer, ca 30 Minuten, bis zum Lago Maggiore. Ich liege sehr gut in der Zeit, das hätte ich nicht gedacht. Es fällt auf, dass so kurz vor der Grenze eine Tankstelle nach der anderen kommt. Gefühlt jedes zweite Haus hat zwei Zapfsäulen auf dem Hof. :) Ist das Benzin in der Schweiz immer noch so viel billiger als in Italien? Egal, ich nehme einer der Tankstellen und tanke voll. So, weiter. Und dann war er auch da: Der See, mein Ziel, der Grund meiner Reise. Ciao, Lago!

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Hübsche adrette Häuschen, kleine Villen, schöne und saubere Strassen. Man merkt, die Schweizer lieben ihr Tessin. Alle wollen hier in der Sonne leben, die Hänge des Sees sind dicht besiedelt, die schicken Häuser stapeln sich die Hänge hoch. Und im Wasser sehe ich Leute baden. Wow, vor fünf Stunden war ich in Brunnen auf der Nordseite und war in dicken Klamotten losgefahren. Kaum noch vorstellbar. So, nach nochmals 30 Minuten Fahrt am See entlang ist die Grenze da. Unscheinbar, keine Kontrollen, bitte weiter gehen... :D Ich bin in Italien, ich habe es geschafft, mit meiner hübschen weissen kleinen 50er Sprint. Che bella!

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Nach weiteren 15 Minuten am See entlang bin ich am Ziel: Maccagno, ein kleines süsses Örtchen am Ostufer des Lago Maggiore. Es ist 16 Uhr. Wow ging das schnell Es waren 160 km heute. Jetzt ab ins Hotel. Hier wird meine Basis für die nächsten Tage sein. Ein nettes Familienhotel. Der Kerl am Empfang sagt nach dem Einchecken, die Mama zeigt Ihnen Ihr Zimmer. Wie süss. Mit der älteren Dame komme ich ins Gespräch. Sie staunt, dass ich den weiten Weg mit der Vespa gemacht habe. Sie erzählt, sie hatte früher auch eine Vespa. Die hätte sie dann vor ein paar Jahren ihren Kindern geschenkt als sie zu alt zum Fahren wurde. Die wollten sie tunen und haben sie auseinander genommen aber konnten sie nicht wieder zusammen bauen! :lol: Das Hotel und die Inhaber sind mir schon mal sympathisch.

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Die Vespa kurz abgeladen, und dann schell die Füße ins Wasser gehalten. Ach tut das gut bei dieser Hitze! Ich bin froh, dass ich da bin. Um 18 Uhr ist heftiger Regen gemeldet, also hab ich die Zeit gut unterboten. Dann gehts kurz in den Ort um sich mit Essen und Getränken einzudecken. Ich war schon oft hier und kenne mich gut aus. An der Kasse im Supermarkt sitzen die bekannten Gesichter! Wie cool. Ciao!

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Am südlichen Ende des Sees sieht man schon die Wolken aufziehen. Alles gut gelaufen, war ein toller Trip so weit. Jetzt ab ins Hotel und die Strava App checken. Höhenprofil ist sehr interessant! Wow.

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philipphansberg
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Re: Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

#42 Beitrag von philipphansberg » Di 11. Aug 2020, 18:44

Herrlich diese Bilder. Da könnte ich gleich wieder losfahren.

Freut mich, dass du mit dem Wetter halbwegs Glück hattest. Wie bereits gesagt, war bei mir auf der Passhöhe totaler Nebel. Deshalb habe ich dann auch die Tremola-Straße nicht genommen. Echt ärgerlich, wenn ich deine Fotos sehe.

Toll übrigens, dass du deine Tour so wortreich beschreibst. Dadurch bekommen die Bilder noch einmal eine ganz andere Wirkung.

Gruß, Philipp :vespa:

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Re: Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

#43 Beitrag von avanti » Di 11. Aug 2020, 19:23

Vielen Dank für deinen tollen Bericht.

PS
In Italien sind Benzinkanister für 2-Räder verboten.
Gilt auch für FF.
Wenn es schnell gehen soll, mach langsam.

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Vespagiraffe
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Re: Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

#44 Beitrag von Vespagiraffe » Mi 12. Aug 2020, 09:49

Welch großartiger Reisebericht! :klatschen:

Vielen Dank, auch für die vielen tollen Bilder! :)

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Ronce
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Re: Mainz - Lago Maggiore - Mailand mit 50er Sprint

#45 Beitrag von Ronce » Mi 12. Aug 2020, 17:34

toller Bericht :klatschen: - vielen Dank

da kommt Fernweh und Reiselust auf - Top

LG

Ronce :gitarre:

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