Riemenwechsel an der GT 200 L 2004

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ghaffy
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Riemenwechsel an der GT 200 L 2004

#1 Beitrag von ghaffy » Sa 20. Apr 2019, 21:11

Hallo Forum,

schon berichtet: Ich habe jüngst eine GT 200 L mit 6700 km Bj 2004, die seit 2014 in der Garage stand, günstig bekommen, und außer einem verdreckten Vergaser samt neuen Spritschläuchen (kaputtgestanden), sicherheitshalber Öl- und Filterwechsel (das Öl war augenscheinlich vor der Stilllegung neu gegeben worden), neuen Reifen (kaputtgestanden), neuer Bremsflüssigkeit (Siedepunkt passte nicht mehr, bei uns wird das ja im Rahmen des "Pickerls"/TÜV verpflichtend gemessen) nichts gemacht. Auf den ersten 400 km war mal nichts zu meckern, außer dass beim Anfahren der Antrieb gelegentlich zu "ruckeln" begonnen hat.
Die Recherche hier im Forum brachte mich zT zu echten Ruckel-Leidensgeschichten, zT zu bemerkenswerten Rosskuren (Heizöl/Diesel auf die Kupplung). Es gibt Dinge, die bringe ich nicht übers Schrauber-Herz. Dazu gehört das Schmieren von Kupplungs- oder Bremsbelegen. Aber ich will keinen Glaubenszwist vom Zaun brechen, schon gar nicht zu Ostern. :twisted:

Also habe ich mir gedacht, ich schau mir mal die Kupplung an, und wenn ich schon dran bin, dann will ich Riemen, Rollen und Gleiter auf Lager haben. Wenn sie nicht jetzt getauscht werden müssen, dann eben irgendwann. Also Teile samt Blockierwerkzeuge für "vorne" und "hinten" bestellt und heute morgen bei prächtigem Wetter und nach vielen tollen Beiträgen hier und auf youtube drauflosgeschraubt.

Interessant: Wesentliche Details im Antrieb sind ganz anders als im Werkstättenhandbuch zur GT 200 und anders als in den Ex-Zeichnungen, die man so findet, und manches bleibt trotz Bilder (mir) unklar:

Was ist sicher?
  • - Sicher ist, die Erstzulassung erfolgte im Juni 2004.
    - Sicher ist, auf verschiedenen Teile ist das Produktionsdatum im "Klarformat" aufgedruckt, zB 28.10.2003 auf der Kupplungsglocke usw.
    - Sicher ist, dass es vier Monate Lieferzeit auf die Vespa gab (der Original-Kaufvertrag usw. sind vorhanden), sodass mit einiger Berechtigung angenommen werden darf, dass die Vespa tatsächlich Baujahr Frühling 2004 sein dürfte.
In einem anderen Thread zu einer GT 125 ähnlichen Alters ist schon die Rede davon, dass die SIP-Explosionszeichnung nicht mit der Realität am Roller übereinstimmt (vielleicht ist das nun bei der 125er korrigiert). Bei der meiner GT gab es jedenfalls folgende massive Abweichungen:

Hier das Bild aus dem Ersatzteil-Programm (SIP):

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  • - Die Teilegruppe 9 ist ok.
    - Teil 8 (Riemen) auch.
Was nicht passt, habe ich ROT markiert:
  • - Zwischen den beiden Riemenscheiben soll Teil 2 mit Schrauben 3 angeschraubt sein? Verstehe ich nicht, ist auch bei mir nicht so.
    - Teil 14 ist beschrieben als "Dichtring zwischen Variator und Riemenscheibe". Tatsächlich sieht es am Bild aus wie die Anlaufscheibe (in meiner Riemenscheibe ist eine Versenkung für die Anlaufscheibe). Gibt man die Artikelnummer vom "Dichtring" ein, bekommt man einen O-Ring mit etwa 10 cm DM, vielleicht 4 mm stark, der außen um die Flügel der Riemenscheibe gelegt wird und zum Zahnkranz hin abdichtet, damit die Lüftung/Kühlung des Antriebs besser funktioniert (weiter unten am Foto sieht man, dass dieser O-Ring bei mir gerissen ist und ein Stück fehlt).
    - Auch völlig anders als am Bild sieht der Zahnkranz aus (siehe Foto).
    - Die ominöse "gewölbte" Beilag-/Anlauf-/Distanz-Scheibe von GTS-Antrieben fehlt bei der GT völlig. Der Zahnkranz ist mit Mutter und einfacher Unterlegscheibe auf der Welle festgeschraubt.
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Macken in der Kupplungsglocke?
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Ich nehme an, dass die Zeichnung im Programm zu einem völlig anderen Roller gehört: Das Antriebsgehäuse (unterer Bereich) sieht nicht nach Vespa aus.

Die Kupplung ist völlig in Ordnung, die Belagstärke wird wohl so um die 4 mm sein. In der Kupplungsglocke gibt's seltsame (glattgefahrene) Macken (Bild), die ich nicht deuten kann. (Hat jemand eine Erklärung dafür?) Dem allgemeinen Brauch folgend habe ich die Kanten der Beläge gebrochen.

Dann auch hier eine Besonderheit, die von der Ex-Zeichnung abweicht:

Bild

Aus der Zeichnung geht nicht hervor, zwischen welchen Teilen schließlich der Gehäusedeckel zu liegen kommt. Wenn man (so wie ich :oops: ) nicht aufpasst beim Zerlegen, kann beim Zusammenbau ein Problem entstehen, welches einem Kollegen hier einen neuen Antriebsgehäusedeckel um 140,- gekostet hat:

Die Zeichnung sagt - nicht ganz unglaubwürdig:
  • - Teil 18: Kupplungsglocke
    - Teil 19: Anlaufscheibe
    - Teil 21: Distanzring 5,3 mm stark
    - Teil 20: die M12-Mutter, die das Ganze abschließt.
Da ja im Variodeckel dort ein Lager ist, macht es ja durchaus Sinn, dass die Kupplungsglocke vom Lager mit einer "Anlaufscheibe" getrennt ist und von außen die Mutter mittels Distanzring das Gehäuse auf die Welle drückt. (Ich habe beim Zerlegen wie gesagt nicht genau darauf geachtet.)
Aber - Fehlanzeige! :evil:
Wenn man das so wie auf dem Bild zusammenbaut, dann hat das Variogehäuse 5,3 mm Abstand zur Kupplungsglocje (oder immerhin 5 mm, weil die Anlaufscheibe wird wohl mindestens 0,3 mm Stärke haben), und sobald man die Mutter festzieht, macht es "knack" und der Variodeckel ist kaputt.
Das Bild ist fehlerhaft!

Die Zusammenbau-Reihenfolge ist:
  • - Kupplungsglocke 18
    - Distanzring 21
    - Variodeckel
    - Anlaufscheibe 19
    - Mutter 20
Ich habe mehrmals beim Zusammenbau zwischen Internetrecherche am Notebook und Werkstatt gewechselt, bis ich mir sicher war, dass ich die Teile wieder richtig zusammenbaue. So hat die Sache praktisch den ganzen Vormittag gedauert.

Jedenfalls habe ich - wenn schon alles offen ist - die Neuteile verbaut. Der Riemen hat vom Maß her zwar keine Abnützung (neuer Riemen: 20,6 mm, alter Riemen 20,5 mm, Soll-Maß neu: 20,5 mm), aber er hat vom 4jährigen Stehen einen deutlichen "Memory-Effekt" ("eiförmig"), und was soll's: hat die Gute eben bei 7.000 km einen neuen Riemen, neue Rollen und neue Gleiter bekommen. Schaden kann das nicht, denke ich.

Wandler und Kupplung habe ich nicht zerlegt, bloß wie gesagt die Beläge angefast und leicht angeschliffen.

Und eben alles von Abrieb usw. gereinigt, die Filter gereinigt und verlorengegangene Schrauben (eine am Gehäuse, zwei von der Luftfilterbefestigung ... :shock: ) usw.

Nach dem Zusammenbau dann der Start: Springt an und nichts explodiert. Dann die Probefahrt (50 km): Ruckeln ist komplett weg. Sie fährt sofort los (also ohne 0,5 sek Delay oder so), insgesamt wie es sein soll.
In den nächsten Tagen muss ich nochmals ran, weil ich den Riesen-O-Ring nicht bestellt hatte, der muss aber neu. (Zum Einbau musste ich ihn an der Riemenscheibe festkleben, weil er sonst immer irgendwie im Weg war. :( )

Gruß
Andreas

Cvh
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Re: Riemenwechsel an der GT 200 L 2004

#2 Beitrag von Cvh » Sa 4. Mai 2019, 23:16

Danke! Gute Erklärung. Ich bin bei dem Versuch das entsprechend der Explosionszeichnung bei einer GT200L BJ 2003 auch schon fast verzweifelt und hab das Ganze schließlich und endlich so zusammengebaut wie es am Besten passte. Jetzt weiß ich warum. Werde bei Gelegenheit noch mal checken ob das deinem Aufbau entspricht.

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