Beweis : Vesparäder gehören gewuchtet !

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Nightrider
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Beweis : Vesparäder gehören gewuchtet !

#1 Beitrag von Nightrider » Do 21. Jan 2010, 05:37

Hallo Freunde,

immer wieder taucht hier im Forum die Frage auf, ob Vespa-Räder nun gewuchtet werden sollen oder nicht ?

Genau so oft tauchen Antworten auf wie "Autoräder sollen gewuchtet werden, klar, aber bei den kleinen Vesparädern ist das völlig überflüssig !" oder "Das merkt man doch gar nicht !"
Letzteres mag sogar in Grenzen richtig sein, weil die Lenk-Geometrie bei Autos und Vespas unterschiedlich ist. Beim Auto sind wir uns doch einig, dass wir eine Unwucht (gerade) an einem der Vorderräder in der Größenordnung 20 bis 30 Gramm spüren würden, oder ? Macht sich bemerkbar durch eine Hin- und Herbewegung (Zittern) des Lenkrads. Eine Unwucht im (vorderen) Vesparad würde sich natürlich nicht durch eine Hin- und Herbewegung des Lenkers bemerkbar machen, weil Unwucht und Lenkermittelpunkt in einer Ebene liegen. Bemerkbar müssten sie sich eher durch eine Auf- und Abbewegung des Lenkers machen, was wohl einigermaßen durch Federung und Dämpfung geschluckt wird. Das ändert aber nichts daran, dass sie da sind ! Und wenn ich einen Missstand kenne (auch wenn er mich nicht maßgeblich stört) , ich ihn aber beseitigen kann, dann tue ich das, oder ?

Daher nun hier mein Beitrag unter der FAQs.
Im Anschluss daran kann ja jeder für sich entscheiden, ob er die Räder wuchten lässt oder nicht, aber er tut es weinigstens in Kenntnis der Tatsachen. Es wird zwischenzeitlich ein wenig akademisch, aber ich versuche, es allgemeinverständlich rüberzubringen.
Ich unterstelle auch, das uns allen der Unterschied zwischen Kilogramm und Kilopond klar ist. Kraft = Gewicht = Kilopond. Oder Kraft gleich Masse mal Beschleunigung. Beim Gewicht also Masse mal Erdbeschleunigung [kg und 9,81 m/s²] - Ergebnis in Newton.

Wir reden jetzt einfach nur noch von "Kilos", O.K. ?

Nun, wie äußern sich mögliche Unwuchten ?
Richtig : Sie bewirken (ungewollte) Kräfte - im vorliegenden Fall "umlaufende" Fliehkräfte.

Nun nehmen wir mal ein Beispiel und berechnen die Kräfte, die da auftauchen :

Bild

Das Bild zeigt einen dynamisch gewuchtetes Vesparad (250 GTS etc.).
Wie man sieht, wurden Ausgleichsgewichte von 25 g befestigt, um die Unwucht auszugleichen.

Nun berechnen wir mal die Fliehkräfte, die wirken würden, wenn das Gewicht nicht da wäre (das ist das gleiche, als würden wir fälschlicherweise dieses Gewicht an ein "rundes" Rad anbringen, soweit klaro ?

Die Formel für die Fliehkraft (auch Zentrifugalkraft) lautet :

F = m x r x w².

Dabei ist :

F : die zu berechnende (Zentrifugal-) Kraft in Newton
m : die Masse in kg
w : steht für die die Winkelgeschwindigkeit (Scheißdefinition : "Ableitung des Winkels nach der Zeit")
r : Abstand des Schwerpunkts der Unwucht von der Drehachse in Metern

Nun, die Winkelgeschwindigkeit als "Ableitung des Winkels nach der Zeit" ist und wenig geläufig. Wir kennen aber so was wie "Drehzahl", angegeben in Umdrehungen pro Sekunde oder pro Minute, richtig ?

Der Zusammenhang ist :

w = 2 π n (kommt jetzt optisch nicht so gut rüber, aber das mittlere Zeichen steht für "Phi", also die Zahl "3,14").

Damit schmeissen wir die Winkelgeschwindigkeit raus und unsere Formel lautet nun :

F = m x r (π x n/30)² (auch hier ist das erste Zeichen in der Klammer "Phi").

Jetzt wieder ein Bild des Vesparades :

Bild
(Der Zollstock liegt links wirklich richtig, auch wenn es perspektivisch anders aussieht).

Wir erkennen den Radius des Rades insgesamt mit 24,5 cm oder 0,245 Metern.
Wir erkennen auch, dass der Radius (Abstand von der Achse), wo Gewichte angebracht werden, 14,5 cm oder 0,145 Meter beträgt.

Jetzt müssen wir uns nur noch die Drehzahl "n" ausrechnen.
Da wir schon wissen, dass die Fliehkraft von der Drehzahl anhängt , interessiert uns natürlich die max. mögliche Fliehkraft. Bei der 250-er gehen wir mal von max. 120 km/h aus, O.K. ?

120 km/h bedeuten auch 120.000 Meter pro Stunde oder (geteilt durch 3.600, weil eine Stunde gleich 3600 Sekunden) 33,33 Meter pro Sekunde.

Bei einem Reifenradius von 24,5 cm ergibt sich nach der Formel 2 π r ein Umfang von 154 cm oder 1,54 Metern.

Bei 33,33 Metern pro Sekunde muss sich das Vesparad also 21,645 Mal pro Sekunde drehen, um 33,33 Meter pro Sekunde zurückzulegen.

Dei Drehzahl des Rades beträgt also 21,645 pro Sekunde oder ( mal 60) 1298,7 Mal pro Minute (die Angabe brauchen wir für unsere Formel).

Unsere Formel lautet also nun - mit Zahlen - bestückt :

F = 0,025 (in kg) x 0,145 (in Metern) x (3,14 x 1298,7 / 30) ² oder

F = 0,025 x 0,145 x (136)² = 67,048

Wie schon erwähnt, ergibt sich nun als Einheit Newton.

Über die Vereinfachung 10 Newton gleich 1 "kilo" ergeben sich nun ca. 6,7 kilo(s).

Soll heißen : Ein fehlendes Auswuchtgewicht von 25 g potenziert sich zu einer umlaufenden Kraft - auch Unwucht genannt - von fast 7 Kilo(s) !!!

Jetzt fehlt aber noch der Vergleich Autorad - Vesparad !

Ich unterstelle : Ein - duchaus übliches - Autorad mit 15 Zoll-Felge.
Ich unterstelle : Gleiches fehlendes Gewicht von 25 g.
Ich unterstelle : Gleiche Geschwindigkeit von 120 km/h.

Das 15-Zoll-Rad meines Autos habe ich nachgemessen : Es hat einen Gesamtradius von 32 cm oder 0,32 Meter.
Der Abstand von der Achse, wo die Gewichte angeklebt werden, beträgt hier 20 cm oder 0,2 Meter.

Für diese Rad berechnet sich der Umfang zu 2,01 Metern.

Bei gleicher Geschwindigkeit von 120 km/h oder 33,33 m/s dreht sich dieses Rad also 16,582 Mal pro Sekunde oder (mal 60) 995 Mal pro Minute.

Die Fliehkraft berechnet sich also wie folgt :

F = 0,025 (kg) x 0,2 (m) x ( 3,14 x 995/30)² oder

F = 0,025 x 0,2 x (104,14)² = 54,23.

Auch hier ist das Ergebnis Newton.

Wieder vereinfacht ergeben sich (nur) ca. 5,5 kilo !!!

Das ist der Beweis, dass sich eine gleiche Unwucht an einem Vesparad bei gleicher Geschwindigkeit höher auswirkt, als an einem Autorad.
Wer also der Meinung ist, ein Autorad gehört ausgewuchtet, muss eigentlich auch der Meinung sein, dass man ein Vesparad auswuchtet, oder ?

Die Begründung ist auch recht einfach :

Wie wir an der Formel erkennen, geht der Radius der Unwucht einfach (sprich direkt proportional) ein, während die Drehzahl des Rades quadratisch eingeht. Oder : Was dem "kleinen" Vesparad an Größe fehlt, macht es durch (höhere) Drehzahl locker wieder wett.

Wer jetzt noch behauptet, 25 g kämen bei einem Vesparad nicht häufig vor, schaue hier hin. Meine aktuelle Vespa hat auf dem Hinterrad 35 g :

Bild

Umgerechnet also annähernd 10 kg bei 120 km/h !!

Jetzt entscheidet, ob Ihr Eure Räder wuchten lasst oder nicht.

Grüße

Nightrider

Hier gehts zum zugerhörigen Diskussionsbeitrag => http://www.vespaforum.de/viewtopic.php?f=4&t=3707
Zuletzt geändert von Nightrider am Do 21. Jan 2010, 06:14, insgesamt 1-mal geändert.
Als er grade grade war, knickt er ab, was schade war.

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